Nachlassregelung in Deutschland und Österreich

Es gibt sicherlich erfreulichere Familienzusammenkünfte als die Offenlegung einer Nachlassregelung, das Nachlassverfahren, nachdem ein Angehöriger verstorben ist. Damit ein Nachlass aber gerecht und dem eigenen Wunsch entsprechend geregelt ist, sollte jeder zu Lebzeiten darüber nachdenken, was mit seinem Vermögen nach dem Ableben geschehen soll. Ein Testament ist das Schriftstück, das die Feinheiten regelt. Ein Anwalt für den Nachlass hilft bei der Umsetzung des Testaments und sorgt dafür, dass dieses im Ernstfall Rechtsgültigkeit hat. Wer Angst davor hat, dass ein Testament auf ewig gültig ist, muss wissen, dass man später durchaus noch Änderungen vornehmen kann, weil sich die Lebensumstände verändert haben.

Es ist also sinnig, den Nachlass zu Lebzeiten zu regeln. Aber was zählt eigentlich alles zum Nachlass? Tatsächlich ist es mehr, als man im Allgemeinen meinen könnte. Beim Nachlass denken die meisten nämlich an Hab und Gut, Vermögen in jeglicher Form. Aber die Realität ist, dass man den Erben auch Verbindlichkeiten, wie offene Rechnungen, bestehende Darlehen oder andere Schulden hinterlässt. Und sogar die Beerdigungskosten fallen in den Nachlass.

Welche Möglichkeiten der Nachlassregelung gibt es?

Wer stirbt, ohne ein Testament hinterlassen zu haben, überlässt es dem Gesetz, die Nachlassregelung vorzunehmen. Es gibt eine vorgeschriebene Erbfolge, die besagt, wer mit welchem Verwandtschaftsgrad was zu bekommen hat. Es geht aber auch anders. Wenn es beispielsweise ein Testament gibt, das einen gesetzlichen Erben ausschließt, sollte dieser wissen, dass ihm ein Pflichtteil zusteht. Sollte jemand den Nachlass sehr abstrus geregelt haben, kann das Testament auch angefochten werden… Deshalb lohnt sich ein Blick auf die Details. Welches sind die wichtigsten Paragraphen im Gesetz, die das Erbe regeln? In Deutschland ist es §1922 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. In Österreich sind es §748 und §750 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Testament

Den meisten, die den Nachlass zu Lebzeiten regeln, wählen das Testament. Dabei unterscheiden wir das Einzeltestament, das jeder für sich macht, und das gemeinschaftliche Testament, bei dem die Ehegatten alle zulässigen letztwilligen Verfügungen treffen. Dabei ist es üblich, dass sich Eheleute im gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Erben und die eigenen Nachkommen als Schlusserben – für den Fall dass beide Teile versterben – einsetzen. Diese Form von Nachlassverfahren kennt man übrigens auch unter dem Namen „Berliner Testament“.

Erbvertrag

Der Erbvertrag ist eine noch zuverlässigere Variante, den Nachlass zu regeln. Denn dieser ist, im Gegensatz zum Testament, ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, das klar festlegt, was mit dem Vermögen (und auch etwaigen Schulden) nach dem Tod geschehen wird. Eine Änderung des Erbvertrags kann nur im Einvernehmen beider Parteien gemacht werden, während ein Testament leichter geändert werden kann. Der Erbvertrag hält somit weniger positive oder auch negative Überraschungen für die Erben bereit. Die Notargebühren sind bei einem Erbvertrag übrigens etwas höher als bei einem notariellen Testament. Dies sei der Ehrlichkeit halber gesagt.

Gesetzliche Erbfolge

Wenn es kein Testament und keinen Erbvertrag gibt, tritt automatisch die gesetzliche Erbfolge in Kraft. Diese sieht vor, dass der hinterlassene Ehepartner 50% des Nachlasses bekommt, die übrigen 50% werden auf die direkten Nachkommen verteilt. Sollte von diesen bereits jemand gestorben sein, wird dessen Anteil an seine Kinder verteilt. Geschwister und Halbgeschwister sind Erben in der zweiten Ordnung, die dann berücksichtigt werden, wenn kein Elternteil des Verstorbenen mehr am Leben ist.

Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung

Eine Patientenverfügung abzuschließen bedeutet, dass man selbst möchte, dass im Ernstfall keine lebenserhaltenden Maßnahmen getroffen werden, man also nicht künstlich am Leben gehalten wird. Sei es nach einem Unfall oder aufgrund einer Krankheit.

Eine Vorsorgevollmacht legt Ihr Schicksal in genau so einem Fall in die Hände einer Vertrauensperson, die Sie selbst auswählen. Diese wird dazu bemächtigt, über Maßnahmen der ärztlichen Versorgung oder die tägliche Pflege zu entscheiden.

Schenkungen zu Lebzeiten

Wer alles zu Lebzeiten in trockenen Tüchern wissen möchte, der unternimmt Schenkungen, die er mittels Anwalt und/oder Notar festschreibt. Schenkungen sind bis zu einem gewissen Wert steuerfrei. Über die Kosten gibt Ihr Notar oder Anwalt gerne Auskunft. Wenn der Großteil mit Schenkungen zu Lebzeiten übergeben wurde, senken die Kosten für das notarielle Nachlassverzeichnis, weil diese vom Vermögenswert abhängen.

Vererbliche Rechte

Mit dem Ableben werden nicht nur Vermögenswerte vererbt, sondern auch Rechte. Diese sind etwa Steuerschulden, Versicherungsprämien, Leasingraten und dergleichen. Was wird alles vererbt?

Vermögenswerte

Immobilien und Grundstücke:

Diese wechseln direkt den Besitzer, wie es im Testament gewünscht wird oder wie es die gesetzliche Erbfolge vorsieht.

Bankkonten und Wertpapiere:

Alle finanziellen Vermögenswerte (Wertpapiere, Aktien, Anleihen, Bankguthaben, Sparbücher…) sind vererbbar.

Unternehmensanteile:

Sofern das nicht von anderen vertraglichen Regelungen seitens des Unternehmens ausgeschlossen wird, können auch Anteile an Unternehmen oder Gesellschaften vererbt werden.

Urheberrechte

Für eine bestimmte Zeit (normalerweise 70 Jahre) sind auch die Rechte an musikalischen, künstlerischen, literarischen oder wissenschaftlichen Werken vererbbar.

Patente und Markenrechte

Für sie gilt ähnliches wie mit den Uhrheberrechte. Sie können vererbt werden. Allerdings unterliegen sie unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen, was die Gültigkeit und die Erneuerbarkeit angeht.

Ansprüche aus Verträgen

Klassisches Beispiel hierfür sind Mietforderungen oder Darlehensforderungen, die zu den Forderungen und Verbindlichkeiten aus Verträgen zählen. Sie sind vererblich.

Nicht vererbliche Rechte

Mit dem Ableben werden nicht nur Vermögenswerte vererbt, sondern auch Rechte. Diese sind etwa Steuerschulden, Versicherungsprämien, Leasingraten und dergleichen. Was wird alles vererbt?

Persönliche Rechte

Nutzungsrechte

wie Mietrechte und Pachtrechte kann man nicht vererben.

Persönliche Lizenzen

die auf der Fähigkeit einer Person basieren (eine Zulassung als Mediziner oder Anwalt zum Beispiel) kann man normalerweise auch nicht vererben.

Ansprüche auf Unterhalt

Ansprüche auf Unterhaltszahlungen enden mit dem Ableben des Bezugsberechtigten.

Mitgliedschaften in Vereinen und Organisationen

Auch diese sind meist persönlich und enden somit mit dem Tod des Mitglieds. Die einzige Ausnahme ist, wenn es eine Satzung gibt, die eine Vererbung zulässt.

Wie funktioniert ein Nachlassverfahren?

Das Nachlassgericht ist dafür zuständig, dass ein Erbe gesetzmäßig korrekt verteilt wird. Hier laufen nach dem Tod einer Person alle Fäden zusammen.

Nachlassverfahren in Deutschland

Wenn in Deutschland jemand stirbt, gerät beim Nachlassgericht ein Stein ins Rollen. Folgendes geschieht:

  1. Es wird erhoben, ob ein Testament oder ein Erbvertrag notariell hinterlegt ist. Wenn nicht, wird ermittelt, ob der Verschiedene ein solches Dokument handschriftlich zuhause liegen hat oder ob eine Vertrauensperson eines verwahrt. Wichtig: Wer ein Testament findet, muss dieses beim Nachlassgericht abgeben!
  2. Etwaige Vermögenswerte und alles, was zur Erbmasse zählt, werden ermittelt und aufgelistet.
  3. Die Erben werden schriftlich zur Testamentseröffnung geladen.
  4. Das Testament / der Erbvertrag wird vorgetragen und die Aufteilung durchgeführt.
    Sollte es Erben geben, die dem Gericht nicht bekannt waren, dann können diese mit einem entsprechenden Nachweis der Verwandtschaft dennoch einen Erbanspruch erheben.
  5. Erbausschlagungen, sofern es welche gibt, werden erfasst.
  6. Der Erbschein wird erteilt.
  7. Ggf. wird auch die Testamentsanfechtung, wenn es eine gibt, durchgeführt.
  8. Der Testamentsvollstrecker wird bestellt.

Nachlassverfahren in Österreich

In Österreich spricht man vom Verlassenschaftsverfahren. Dieses unterscheidet sich gemäß §1922 BGB vom deutschen, weil die Erbschaft nicht kraft Gesetzes auf die Erben übergeht. Die Bezirksgerichte sind für das Verfahren zuständig. Wenn es einen Erbenmachthaber gibt, kann dieser auch einen Anwalt für Testament und -abwicklungen bestellen. Danach folgt dieses Procedere.

  1. Im Vorverfahren werden die erbberechtigten Verwandten ermittelt.
  2. Alle bekannten Erben werden zum Nachlassverfahren geladen. Jeder muss eine Erbantrittserklärung unterfertigen, wo er erklärt, das Erbe anzunehmen oder auszuschlagen. Eine bedingte Erbantrittserklärung kann beispielsweise bedeuten, dass man Schulden nur bis zu einem gewissen Betrag übernimmt.
  3. Testament oder Erbvertrag werden vorgelegt und besprochen.
  4. Eventuelle Streitigkeiten werden behandelt.
  5. Das Verlassenschaftsverfahren endet mit einer sogenannten Einantwortung, in der jeder Erbe für seine Rechte und Pflichten als Erbe eintritt und das mit seiner Unterschrift versiegelt.

Wie kann ein Anwalt bei der Nachlassregelung unterstützen?

Die beste Unterstützung ist es, wenn man seinen Nachlass zu Lebzeiten mit einem Anwalt für Testamentsangelegenheiten regelt, alle Erben nennt und das Dokument notariell hinterlegt. Der Anwalt ist der ideale Ansprechpartner in allen Belangen, weil er die gesetzlichen Rahmenbedingungen bestens kennt.

Wer der Meinung ist, dass es sich nur dann lohnt, einen Anwalt für die Nachlassplanung zu konsultieren, wenn es ein größeres Vermögen gibt, der liegt falsch. Denn besonders bei kleineren Erbmassen kommt es häufig zu Streitereien, weil die Erben der Meinung sind, es müsste mehr zu erben geben.

Die Kosten eines notariellen Nachlassverzeichnisses sind in Deutschland und Österreich übrigens unterschiedlich. Ein kleiner Auszug daraus:

Für einen Nachlasswert bis 10.000 Euro bezahlt man in Deutschland inkl. 19% USt. 179 Euro (Österreich: 1.100 Euro). Liegt dieser zwischen 125.000 und 200.000 Euro, sind das 1.035 Euro (3.633 Euro). Bei 1 Million sind 4.129 Euro fällig (3.633 Euro).

Häufige Fragen zur Nachlassregelung

Nein. Tatsächlich hat man keinen Erbanspruch mehr. Wenn die Adoptiveltern ableben, und die Adoption lange genug zurückliegt, hat man bei diesen einen Erbanspruch.

Ja, man kann sich den Anwalt aussuchen. Dieser wird dann vom zuständigen Bezirksgericht bestätigt.

Ja, ein Pflichtteil steht Ihnen zu. Diesen können Sie ggf. sogar einklagen.