Pflichtteil: Was ist er und wer hat darauf Anspruch?

Der Pflichtteil im Erbrecht sichert nahen Angehörigen des Erblassers einen minimalen Anteil am Nachlass, selbst wenn sie testamentarisch von der Erbfolge ausgeschlossen wurden. Hier finden Sie einige Antworten zu wichtigen Aspekten des Pflichtteils, einschließlich des Anspruchs, der Geltendmachung und der rechtlichen Rahmenbedingungen.

Was ist der Pflichtteil?

Der Pflichtteil ist der Teil des Nachlasses, der bestimmten nahestehenden Verwandten des Verstorbenen gesetzlich zusteht, selbst wenn sie im Testament nicht als Erben eingesetzt sind. Dieses Recht soll die finanzielle Sicherheit der nächsten Angehörigen gewährleisten und einen völligen Ausschluss von der Erbschaft verhindern.

Wer hat Anspruch auf den Pflichtteil?

Andere Länder, andere Sitten. Dies gilt auch im Falle des Pflichtteilsanspruchs.

Deutschland:

§ 2303 Absatz 1 BGB besagt, dass in Deutschland direkte Nachkommen pflichtteilsberechtigt sind, damit sind in erster Linie die biologischen Kinder gemeint. Sollten diese nicht mehr sein, dann geht der Anspruch auf die Enkel und Urenkel weiter. Adoptierte Kinder gelten ebenfalls als rechtliche Kinder und auch uneheliche Kinder sind ehelichen Kindern gleichgestellt. Nicht pflichtteilsberechtigt sind hingegen Stiefkinder oder Schwiegerkinder. 

Laut § 2302 Absatz 2 BGB haben des Weiteren immer auch der Ehepartner bzw. der eingetragene Lebenspartner Anspruch auf den Pflichtteil. Mit der Scheidung erlischt dieser Anspruch. Die Eltern können pflichtteilsberechtigt werden, wenn der Erblasser keine Kinder hinterlässt.

Österreich:

In Österreich legt § 757 ABGB fest, dass der Anspruch auf den Pflichtteil in der Regel den direkten Abkömmlingen des Verstorbenen, also seinen ehelichen sowie unehelichen Kindern, sowie dem überlebenden Ehegatten zusteht. Eingetragene Lebenspartner sind in diesem Fall mit Ehepartner gleichzusetzen, weshalb sie dieselben Ansprüche haben. Sollten die Kinder des Erblassers bereits verstorben sein, geht der Pflichtteilsanspruch auf die Enkel weiter. 

Seit dem 1. Januar 2017 haben Eltern in Österreich keinen Anspruch mehr auf den Pflichtteil.

Geltendmachung des Pflichtteils

Der Pflichtteilsanspruch tritt zwar automatisch nach dem Tod des Erblassers in Kraft, dies bedeutet aber nicht, dass Sie auch gleich Ihren Anteil ausbezahlt bekommen. 

Die Geltendmachung des Pflichtteils beginnt mit der Anforderung eines Nachlassverzeichnisses beim Erben durch den Pflichtteilsberechtigten. Der nächste Schritt ist eine schriftliche Zahlungsaufforderung mit Angabe der Höhe des Pflichtteils, Ihrer Bankverbindung und einer Zahlungsfrist. Der Pflichtteil wird auf Basis des Netto-Nachlasswerts ermittelt, also dem Wert, der nach Abzug aller Schulden und Verfahrenskosten von den Vermögenswerten übrig bleibt. 

Sollten die Erben der Zahlungsaufforderung nicht nachkommen, bleibt Ihnen nur die Pflichtteilsklage. 

Wenn sich die Erben unkooperativ zeigen, sollten Sie sich auf jeden Fall an einen Anwalt wenden. Das trifft z.B. zu, wenn die Erben Ihrer Pflicht nicht nachgehen, Ihnen Einsicht in das Testament zu ermöglichen oder wenn Sie vermuten, das Nachlassverzeichnis sei nicht vollständig. Zusätzlich empfiehlt es sich, einen Anwalt einzuschalten, um die Rechtmäßigkeit der Enterbung zu überprüfen.

Auseinandersetzung mit anderen Erben

Eine Enterbung passiert nicht einfach so, sondern bringt immer eine Hintergrundgeschichte mit sich und ist somit eine emotionale Angelegenheit für den Betroffenen sowie für die ganze Familie. Die Durchsetzung des Pflichtteils kann daher zu Konflikten mit anderen Erben führen, insbesondere wenn die Höhe des Pflichtteils vom Wert des Nachlasses abhängt. In solchen Fällen kann eine Mediation oder gerichtliche Auseinandersetzung erforderlich sein, um zu einer fairen Lösung zu gelangen. Um bestens vor Streitigkeiten gewappnet zu sein, sollten Sie sich einen Anwalt zur Seite holen, der die Kommunikation zwischen den Parteien übernimmt und wenn nötig vor Gericht vertritt. 

Verjährung des Pflichtteilsanspruchs

Der Pflichtteilsanspruch verjährt in Deutschland und in Österreich innerhalb von drei Jahren ab dem Zeitpunkt, zu dem der Berechtigte von der Erbschaft und seinem Pflichtteilsanspruch Kenntnis erlangt. Gleich nach dem Tod des Erblassers tritt der Anspruch des Pflichtteilsberechtigten in Kraft, der Geldpflichtteil kann jedoch erst ein Jahr später gefordert werden.

Für beide Länder gilt außerdem eine Verjährung des Pflichtteilsanspruchs von 30 Jahren, nach dem Tod des Erblassers. Wenn ein Pflichtteilsberechtigter nach über 30 Jahren von seinem Anspruch in Kenntnis gesetzt wird, kann er dies nicht mehr geltend machen. Es ist daher wichtig, dass pflichtteilsberechtigte Personen ihre Ansprüche zeitnah geltend machen.

Angesichts der Komplexität des Themas ist die Konsultation eines Anwalts wärmstens zu empfehlen. Die Rechtsanwaltskanzlei Albani verfügt über jahrelange Erfahrung in diesem Gebiet und kann Ihre Pflichtteilsinteressen auch vor Gericht geltend machen.

Zusammenfassung

Der Pflichtteil ist ein fundamentaler Bestandteil des Erbrechts, der die finanzielle Absicherung der engsten Familienmitglieder des Erblassers sicherstellt. Es ist für pflichtteilsberechtigte Personen essentiell, sich über ihre Rechte und die notwendigen Schritte zur Geltendmachung des Pflichtteils informiert zu halten.

Für weiterführende Informationen oder Unterstützung bei der Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs kontaktieren Sie unsere Kanzlei. Wir stehen Ihnen mit Kompetenz und Diskretion zur Seite, um Ihre Ansprüche effektiv durchzusetzen.

FAQs - Pflichtteil

Der Pflichtteil beträgt üblicherweise die Hälfte des Wertes, den der Berechtigte als gesetzlicher Erbe erhalten hätte. Die Berechnung erfolgt basierend auf dem reinen Verlassenschaftswert, also dem Wert des Nachlasses nach Abzug aller Schulden und Verfahrenskosten.

Um den Pflichtteil geltend zu machen, muss der Berechtigte zunächst beim Erben einen Anspruch anmelden. Dies erfolgt durch eine formelle Aufforderung, in der ein Nachlassverzeichnis gefordert wird, um den Wert des Nachlasses zu ermitteln.

Wird der Pflichtteil nicht freiwillig ausgezahlt, kann der Berechtigte rechtliche Schritte einleiten und den Anspruch gerichtlich durchsetzen. Dies kann eine Klage auf Auszahlung des Pflichtteils umfassen.